SCSH17
Ein herrschaftliches, denkmalgeschütztes Stadthaus in Hamburg-Harvestehude von 1887 sollte im Zuge einer behutsamen Sanierung einen Zugang zur Dachfläche erhalten sowie eine begehbare Glasfläche unter der Oberlicht-Laterne über dem Haupttreppenhaus. Bei allen Maßnahmen wurde besonderer Wert auf die denkmalgerechte Integration der neuen Elemente und den Erhalt der historischen Bausubstanz gelegt. Der Entwurf der Treppe erfolgte in enger Abstimmung mit dem Denkmalamt und vor Beginn der Maßnahmen wurde der Bestand von einem Restaurator begutachtet.
Sämtliche Oberflächen und Decke sind erneuert und aufgearbeitet und eine neue, begehbare Verglasung lässt das Tageslicht bis tief in das Gebäude hinein. Die bauzeitliche Wandbemalung als beispielhaftes Element historizistischer Ornamentik ist im Original erhalten und wurde denkmalpflegerisch konserviert. Die Durchbrüche der Treppenwangen sind exakt diesem floralen Dekor der historischen Wandbemalung im Haupttreppenhaus nachempfunden. Somit ist in jedem Treppenraum das gleiche Gestaltungsmotiv erkennbar - jedoch in der unterschiedlicher, zeitgemäßer Ausformulierung. Die Treppe hängt komplett frei an der ertüchtigten Dachkonstruktion. Die eigens angefertigte Statik legt die genaue Position der unsichtbar befestigten Plattenanker und Gewindestabverklebungen fest. Die Treppe präsentiert sich somit schwebend und ohne sichtbare Befestigungen.
Da die Wangen aus mehreren Platten zusammengesetzt werden mussten, sind die Stöße als nicht lineare, kraftschlüssige Verbindungen - ähnlich Puzzle-Teilen - ausgeführt. Die Öffnungen sind CNC-gesteuert komplett aus den 20mm starken HPL-Platten (High Pressure Laminat) ausgefräst. Lediglich in Höhe des Dachpaketes ist die weiße Deckschicht nur bis zum schwarzen Kern weggefräst, um das Dekor bis zur Oberkante der Wange optisch durchzuführen.
Neben ihrem funtionalen Nutzen dient die Treppe - ähnlich einem Kronleuchter - auch als an der Decke hängendes Lichtobjekt. Tagsüber fällt Tageslicht durch den vollverglasten Dachaustritt durch das Treppeninnere und erzeugt je nach Sonnenstand ein wechselvolles Licht und Schattenspiel auf den Wänden. Abends sorgt ein von Marc Nelson gestalteter filigraner Ring mit direkten und indirekten Beleuchtungselementen für unterschiedliche Lichtsituationen. Die Treppe kann mit Wallwashern dezent hinterleuchtet werden, angestrahlt werden oder von Innen heraus leuchten.
Der Austausch der alten Deckenverglasung und der maroden Dachlaternen ermöglichte die Nutzbarmachung eines neuen, komplett lichtdurchfluteten Raumes. Die begehbare Verglasung aus vierseitig gelagertem Verbundsicherheitsglas verleiht sowohl dem Treppenhaus als auch dem Dachgeschoss eine zusätzliche räumliche Dimension. Unter der Verglasung sorgt eine Lichtkunstinstallation des Lichtdesigners Marc Nelson für die anspruchsvolle Ausleuchtung mit Kunstlicht.
Projektbeteiligte
Entwurf: Gerd Streng, Bauantrag & Ausführung Treppe
Ausführungsplanung / Bauleitung: AGP Architektur, Jesteburg
Innenarchitektur: Julia Matthes-Weinmann
Lichtplanung: Marc Nelson, Lichtdesign, HH
Statik: Konstant Ingenieurbüro, Eicklingen
Brandschutzberatung: brandwerk solution, Essen
Ausführung Treppe: Tischlerei Damen & Herren, Hamburg
Fotos: Uwe Scholz, Hamburg